Tipps für Online-Jugendarbeit

Tipps für Online-Jugendarbeit während der Schließung von Jugendzentren

 

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Die aktuelle weltweite Epidemie stellt auch den gesamten Bereich der Jugendarbeit vor neue Herausforderungen. Wie können wir nun junge Menschen in ihren digitalen Lebenswelten erreichen? Welche Aktivitäten können wir online für sie organisieren, wenn Jugendzentren geschlossen sind? Hier sind einige Tipps, die von verke, dem Kompetenzzentrum für digitale Jugendarbeit in Finnland, zusammengestellt wurden. Die Tipps sind besonders auf die finnische Jugendarbeit zugeschnitten, sodass diese möglicherweise auf eure länderspezifischen Ziele, Traditionen und Gesetzesrahmen angepasst werden müssen.

Eine Reihe anderer Tipps findet ihr im Abschnitt good practices auf der Website (https://www.digitalyouthwork.eu); mit ein wenig Kreativität können viele Beispiele auch auf die Online-Arbeit zugeschnitten werden!

 

  1. Befasst euch mit Discord, wenn ihr das nicht bereits gemacht habt. Discord ist eine Plattform, auf der man entweder mit der Stimme oder durch Tippen kommunizieren kann. Ursprünglich ist Discord in Gaming-Communities populär geworden, aber es eignet sich auch für die Jugendarbeit. Die Plattform kann gratis eingerichtet und genutzt werden, und viele Akteure der finnischen Jugendarbeit haben sie erfolgreich genutzt, um junge Menschen aktiv zu erreichen.
  2. Verfolgt, was junge Leute auf TikTok teilen. Wie diskutieren junge Menschen über das Coronavirus in den sozialen Medien? Treten auch andere Themen zum Vorschein? Junge Leute diskutieren gerne über aktuelle Phänomene auf ihren meistgenutzten Social-Media-Plattformen. Zu diesen Plattformen gehört aktuell TikTok. Auch wenn die Kurzvideos dort oft schräg und humorvoll sind, werden oft auch gesellschaftliche Themen verhandelt.
  3. Bietet die Möglichkeit zur Diskussion auf WhatsApp (oder anderen Messenger-Diensten). Junge Menschen sind höchstwahrscheinlich besorgt über die aktuelle Situation. Pädagogische Fachkräfte können nun neutrale aber dennoch bekannte Ansprechpartner*innen sein, denen sie sich anvertrauen können. Die Verwendung von Messenger-Diensten ist für junge Menschen zudem eine sehr niedrigschwellige Möglichkeit, um sich mit ihren Gedanken und Anliegen an Erwachsene zu wenden. Es ist sinnvoll alle vorhandenen Social-Media-Kanäle zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Information über diese Möglichkeit so viele junge Menschen wie möglich erreicht.
  4. Fragt junge Menschen auf Instagram wie es ihnen gerade geht. Ihr könnt eine Q&A (Fragen und Antworten) bei Instagram-Stories veranstalten. Nehmt euch Zeit für Fragen und deren Beantwortung. Seid zu bestimmten Zeiten ansprechbar, die Fragen der Kinder und Jugendlichen zu bearbeiten. Ihr könnt auch Q&A-Sessions zu anderen Themen veranstalten. Denn Probleme, mit denen junge Menschen üblicherweise konfrontiert werden, sind durch den Ausbruch des Coronavirus nicht verschwunden. Kinder und Jugendliche wollen nach wie vor auch über diese diskutieren. Q&A-Sessions sind zudem eine hervorragende Art und Weise, um an der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen dran zu bleiben, und Themen, die dabei eine Rolle spielen, gegebenenfalls mit anderen Ansätzen anzugehen.
  5. Hostet einen Gaming-Stream auf Twitch. Kennt ihr Gaming-interessierte Jugendarbeiter*innen, die einen Live-Stream veranstalten können? Wenn ihr das notwenige Equipment habt (was nicht viel ist), dann ladet euch Twitch herunter, richtet einen Account ein und geht online. Viele junge Menschen interessieren sich für Streamer*innen und auch wenn sie nicht so sehr an Gaming interessiert sind, kann das für viele Jugendliche, die gerade zuhause festsitzen, dennoch eine interessante Sache sein. Wenn euch digitale Spiele nicht liegen, könnt ihr so gut wie alles andere auf Twitch streamen – es gibt sogar ein Beispiel aus Finnland, wo ein Jugendhaus seine Kochaktivitäten live auf Twitch übertragen hat. Es war ein großer Erfolg!
  6. Informiert junge Menschen über andere verfügbare Unterstützungsangebote. Wenn es in eurem Land Online-Angebote gibt, die den Bürger*innen beim Umgang mit dem Coronavirus oder anderen Herausforderungen (psychische Gesundheit, etc.) helfen können, dann stellt sicher, dass sie über diese Angebote Bescheid wissen. Viele junge Menschen benötigen professionelle Beratung, wenn sie in den Medien beängstigende Szenarien sehen oder sie auf Grund der aktuellen Situation besorgt und verunsichert sind. Während unsere Arbeit für viele von unschätzbarem Wert ist, hat die Jugendarbeit aber auch ihre Grenzen. Verweist hier auf andere verfügbare Unterstützungsangebote.
  7. Veranstaltet ein Quiz auf Instagram. Ein Quiz ist eine einfache und niedrigschwellige Möglichkeit, um Aktivitäten für junge Menschen zu organisieren. Überlegt euch ein Thema – oder mehrere Themen – für das Quiz und bereitet Bilder auf einer Plattform wie beispielsweise Canva Die Kinder und Jugendlichen können auf das Quiz direkt mit dem Instagram-Messenger antworten. Dabei könnt ihr eine vordefinierte Zeitspanne für die Antworten festlegen und Preise für richtige Antworten vergeben. Ein lustiges Beispiel war ein Quiz über die Bedeutung von Emojis, welches von Jugendarbeiter*innen in Kemi, in Nordfinnland, veranstaltet wurde.
  8. Verwendet einfache Spiele, um junge Menschen zu motivieren. Wir sind zwar zu Social Distancing angehalten, aber das muss uns nicht daran hindern gemeinsam Spaß haben. Zum Beispiel haben Fußballmannschaften ein Vier-Gewinnt-Spiel auf Twitter begonnen (die Tweets sind auf Finnisch, aber ihr versteht schon wie das geht). Fordert die Kinder und Jugendlichen direkt in den Instagram-Stories eurer Organisation zu Spielen wie Vier-Gewinnt, Tic-Tac-Toe oder Hangman heraus. Ihr könnt Canva oder eine ähnliche Plattform verwenden, um leere digitale Handouts in euren Stories zu teilen, damit sich eure Follower*innen ein Screenshot davon machen können und diese teilen können.
  9. Diskutiert über Themen mit jungen Menschen auf Instagram Live. Instagram Live ist eine einfache Möglichkeit, um junge Menschen auf einer Plattform zu erreichen, die viele von ihnen bereits täglich nutzen. Live-Videos können Gelegenheiten bieten, um niedrigschwellig über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Es muss auch nicht immer allzu ernst sein. Ein finnischer Radiosender veranstaltet wöchentlich einen Live-Stream namens „Mittwoch“, der eine kollektive Kaffeepause darstellt, in der der Moderator jeden Tag verschiedene Kekse probiert. Einen Live-Stream zu moderieren ist sehr simpel: wischt nach rechts auf eurer Instagram-Titelseite und ihr seid auf der Stories-Seite. Von dort aus könnt ihr euren Live-Stream starten, indem ihr in der Symbolleiste runter scrollt. Vergesst nicht, die jungen Menschen zu informieren, wann ihr plant live zu sein, damit sie pünktlich dabei sein können! Nach dem Live-Stream könnt ihr auch, wenn gewünscht, die Diskussion auf anderen Plattformen fortsetzen.
  10. Veranstaltet eine Instagram-Liveshow mit anderen Nutzer*innen. Wusstet ihr, dass man andere Nutzer*innen auf Instagram Live hinzufügen kann? Ihr könntet einen Livestream mit Expert*innen zu einem bestimmten Thema planen und weitere Sprecher*innen zum Stream hinzufügen, ohne dass diese sich physisch am selben Ort befinden müssen. Um eine weitere Person hinzuzufügen, müssen Externe über den Chat im Livestream anfragen, um hinzugefügt zu werden. Ihr könntet auch Kinder und Jugendliche teilnehmen lassen, indem ihr diese ebenfalls in den Livestream einladet. Jedoch empfehlen wir, bei Themen und Ablauf vorsichtig zu sein.
  11. Seht euch gemeinsam mit jungen Leuten etwas an. Ihr könntet euch darauf einigen, eine Fernsehsendung, ein YouTube-Video oder etwas anderes Interessantes gemeinsam anzusehen. Dabei könnt ihr einen Messenger-Dienst wie WhatsApp verwenden, um einen Gruppenchat zu moderieren, in dem Inhalte kommentiert und diskutiert werden; so als ob alle auf demselben Sofa sitzen würden. Einige Plattformen wie Facebook („Watch Partys“ auf dieser Plattform) ermöglichen es ebenso, Inhalte gemeinsam anzuschauen und zu diskutieren.
  12. Gebt Tipps für den Zeitvertreib zu Hause. Jetzt, wo wir aufgefordert sind, die meiste Zeit zu Hause zu verbringen, müssen wir uns alle überlegen, wie wir uns die Zeit vertreiben können. Sammelt gemeinsam mit Kolleg*innen Tipps, wie man die Zeit interessant gestalten kann und verbreitet diese als Reihe z.B. auf Instagram Stories. Die sich wiederholenden Inhalte machen ihren Social-Media-Kanal für Kinder und Jugendliche attraktiv und ermuntern sie, wiederzukommen. Ihr könntet sogar versuchen mit den jungen Leuten, mit denen ihr arbeitet, eine Social-Media-Challenge zu starten.
  13. Lasst junge Menschen beim Schreiben einer gemeinsamen Geschichte mitarbeiten. Schnappt euch die Social-Media-Plattform eurer Wahl und beginnt eine fiktive Geschichte, die von den Kindern und Jugendlichen ergänzt werden kann. Ihr könntet zum Beispiel den Anfang der Geschichte („Es war eine dunkle und stürmische Nacht…“, irgendjemand?) auf Instagram veröffentlichen und den Kindern und Jugendlichen 24 Stunden Zeit geben, um die Geschichte fortzusetzen. Wählt die interessanteste Geschichte aus, teilt diese mit euren Follower*innen und wiederholt das Ganze. Ihr könnt die Geschichte etwa eine Woche lang weiterführen und sehen, wohin sie führt.
  14. Veranstaltet eine Gruppendiskussion über Instagram. Eine der neueren Funktionen von Instagram sind Gruppendiskussionen. Ihr könnt eine Gruppendiskussion mit Hilfe der Sticker auf Instagram-Stories veranstalten. Mehr darüber erfahrt ihr hier.
  15. Bietet Gelegenheiten für anonyme Diskussionen. Junge Menschen könnten Anliegen oder Fragen haben, die sie nicht von Angesicht zu Angesicht oder mit ihrem eigenen Namen mitteilen möchten. Nutzt eure Social-Media-Kanäle, um junge Menschen darüber zu informieren, dass sie auch anonym Kontakt zu euch aufnehmen können, z.B. über Discord, Snapchat oder KIK-Messenger. Seid euch natürlich über alle Gesetze, die euren speziellen Arbeitskontext betreffen, im Klaren und macht den Jugendlichen die Grenzen der Anonymität transparent.
  16. Veranstaltet eine Online-Jam-Session. Viele Auftritte und Konzerte wurden abgesagt. Wir können auch keine Bandproben in unseren Jugendhäusern veranstalten. Es gibt jedoch mehrere Online-Plattformen, die ihr nutzen könnt, um mit jungen Leuten kreativ zu sein! Viele der Plattformen, die normalerweise für Online-Meetings genutzt werden, können genauso gut dazu verwendet werden, um mit jungen Leuten Musik zu machen. Dabei können alle Instrumente, die sie zu Hause haben, verwendet werden. Es gibt auch spezielle Plattformen für das gemeinsame Musikmachen im Internet, zum Beispiel jammr.
  17. Startet eine Challenge auf TikTok. Sprecht junge Leute mit einer Challenge an. Denkt euch einen passenden Hashtag aus – wie zum Beispiel #langeweiledaheim – und erstellt mit diesem eine Kampagne. Zuerst müsst ihr euren eigenen Beitrag erstellen und junge Leute dann auffordern, auch Beiträge zu erstellen. Die nächste Challenge könnte dann #aktivitätendaheim sein, um das Thema von einem anderen Blickwinkel aus anzugehen. Auf TikTok funktionieren einfache und schrullige Beobachtungen aus dem alltäglichen Leben in der Regel sehr gut.
  18. Organisiert eine Online-Zeichen-/Mal-Veranstaltung. Ihr könnt junge Leute mit einem Zeichenspiel zum kreativen Zeichnen motivieren. Mit drawesome und skribblio könnt ihr zum Beispiel Spiele veranstalten, bei denen die Plattform einzelnen Teilnehmenden einen Begriff vorschlägt, welcher dann gezeichnet werden muss. Die anderen Teilnehmer*innen versuchen das Wort zu erraten [deutsch bekannt als Montagsmaler]. Ihr könnt die Veranstaltung auch „privat“ veranstalten, sodass Sie den Teilnehmer*innen-Kreis selbst bestimmen können. Einladungslinks können diese dann über ihre Social-Media-Kanäle verschicken. Ihr könntet das Ganze auch noch einfacher machen, indem ihr den Kindern und Jugendlichen ein Thema vorschlagt, sie es zeichnen lasst und die Kreationen (auf Wunsch anonym) in euren Social-Media-Kanälen präsentiert.
  19. Veranstaltet ein Turnier in einem Online-Spiel. Setzt eure Fähigkeiten als Jugendarbeiter*in ein, um ein Turnier mit jungen Leuten zu organisieren, z.B. bei FIFA oder NHL oder bei welchem Spiel auch immer, das Kinder und Jugendlichen gerade spielen. Ihr könnt eure bestehenden Social-Media-Kanäle nutzen, um alles zu organisieren und die Show zu veranstalten. Ihr könntet sogar in Betracht ziehen, alles zu streamen, um das Event einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Ein anderer Ansatz könnte sein, ein paar Multiplayer-Handyspiele auszuwählen und mit diesen Gaming-Sessions zu organisieren.
  20. Erstellt gemeinsam mit Kindern ein Spiel. Die kostenlose pädagogische Plattform scratch ermöglicht einen barrierefreien Einstieg in die Erstellung von Spielen und Animationen, ohne dass man sich mit Programmieren auseinandersetzen muss. Wie in der Jugendarbeit sonst auch, könnt ihr die Dinge interessanter gestalten, indem ihr Kinder und Jugendliche in Kleingruppen arbeiten lasst oder ihnen eine Herausforderung gebt, d.h. ein Team erstellt ein Labyrinth für das Spiel, ein anderes eine Figur und ein drittes die Bösewichte. Die Plattform verfügt über eine Menge detaillierter Anweisungen und alle früheren Kreationen sind offen einsehbar, um bei der Erstellung eurer eigenen Kreationen zu helfen.
  21. Bietet an, gemeinsam Online-Spiele zu spielen. Für junge Menschen kann es wertvoll sein, wenn Vertrauenspersonen auch in den Games unterwegs sind, die sie nutzen. Bei Online-Spielen können wir Team-Work und Gemeinschaft erleben. Gleichzeitig können wir den Jugendlichen eine koordinierte Gaming-Session anbieten, bei der Erwachsene eine sichere Umgebung mit gemeinsamen Regeln garantieren, angefangen bei Verhaltensregeln. Ihr könnt alle vorhandenen Social-Media-Kanäle nutzen, um Gaming-Sessions einzurichten, egal ob es sich um WhatsApp, Discord oder den integrierten Chat von Steam handelt. Um die Jugendarbeit während des Spiels zu erleichtern, kann es auch eine gute Idee sein, Discord oder eine ähnliche Sprachplattform zu verwenden, um während des Spiels miteinander reden zu können; wenn es das Spiel nicht selbst schon bietet.
  22. Startet einen Podcast. Podcasts sind zurzeit total im Trend, auch bei jungen Leuten. Es gibt einige gute Erfahrungen mit Podcasts in der Jugendarbeit. Diesen können nur die Jugendarbeiter*innen gestalten. Spannend ist es auch, wenn die Jugendlichen partizipieren und eigenen Content kreieren. Wenn ihr nicht alle am selben Ort seid, könnt ihr auch eine kostenlose Plattform wie Zencastr nutzen, um den Podcast online aufzunehmen. Ihr könnt bei der Auswahl der Themen kreativ sein oder auch die jungen Menschen bei der Themenauswahl partizipieren lassen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es sich lohnt, wenn der Podcast zumindest eine Struktur hat. Seht euch ein Beispiel für einen Podcast zur Jugendarbeit hier

 

Fehlt hier etwas? Sendet eure eigenen Ideen und Beispiele (im Format wie oben) zur Ergänzung an (englisch) juha(a)verke.org oder (deutsch) siemer(a)heurekanet.de oder niels.brueggen(a)jff.de.